Warum ein Gründerzentrum für das Handwerk?
Das Handwerk erfährt gerade wieder einen Aufschwung, nicht nur wirtschaftlich, sondern auch in Form von Interesse der Öffentlichkeit. Die Eigenschaften, die das Handwerk verkörpert und die damit einhergehen, sind aktueller denn je und spiegeln den modernen Zeitgeist wider. Qualität, Individualität, Nachhaltigkeit, Authentizität und Spaß am Arbeiten. Weg von der Arbeit, bei der man jeden Tag dasselbe macht, hin zur Abwechslung und einem Beruf, bei dem man das Ergebnis seiner Arbeit sieht. Der Spaß am Erschaffen von Dingen und dem Lösen von Problemen wird wiederentdeckt.
Unser Alltag ist dominiert von Digitalem, der Bildschirm ist ultimatives Medium. Egal ob beim Arbeiten oder in der Freizeit, der Bildschirm ist allgegenwärtig. Rezepte beim Kochen, Hilfe beim Lernen, Anleitungen wie man wäscht und putzt, unsere Nachrichten und selbst Literatur wird oft digital konsumiert. Doch als Gegentrend wächst die Sehnsucht nach dem Analogen, nach dem Fühlbaren und Fassbaren, dem Riech- und Schmeckbaren.
Wir sehen, dass immer mehr handwerkliche Betriebe auftauchen, vor allem in Städten, und das obwohl der Imagewandel noch in vollem Gange ist. Barbershops, Craft Beer Brauereien, Kaffeeröstereien und High Quality Cocktail Bars sprießen förmlich aus dem Boden.
Die Hürden, die es zu überwinden gilt, sind hauptsächlich dem Image des Handwerks aus den vergangenen Jahren geschuldet. Noch dominiert das Bild der HandwerkerIn, das von der Unterhaltungsindustrie geprägt wurde. Der unpünktliche, ungepflegte Handwerker, der viel redet und wenig arbeitet. Dieses Bild war aber schon immer eine Satire der Realität und trifft heute noch weniger zu denn je. Mit neuen Ideen und innovativen Konzepten schaffen junge HandwerkerInnen gerade, den Wandel im Handwerk herbeizuführen.
Jetzt gilt es zu zeigen, dass Handwerk Hand- und Kopfarbeit vereinigt und das Handwerk für jeden zugänglich sein kann. Dafür braucht es einen Wandel im Denken der Gesellschaft und der HandwerkerInnen selbst. Weg mit dem verstaubten Image der HandwerkerIn, die unpünktlich ist und nur das Nötigste macht. Her mit den jungen QuerdenkerInnen, die der Brauerei mit Craft Beer einen neuen Anstrich verpasst haben. Kundenkontakt zeichnet das Handwerk aus und bildet zugleich das Fundament für den Imagewandel.
Handwerk ist »Beziehungs-Arbeit«. Wertschätzung erhält man für seine Arbeit und für die Handfertigkeiten, die man sich erarbeitet. Und diese Arbeit hinterlässt auch bei den Kunden einen bleibenden Eindruck.
Jedes Handwerk hat die Chance, sich neu zu erfinden und Eindruck bei den Kunden zu machen. Dafür braucht es nur einen Ort, an dem das gefördert wird und eine Plattform, um sich zu präsentieren. Der Wandel im Handwerk verbessert das Image und trägt so zur Lösung der Probleme bei, die es aktuell im Handwerk gibt. Das allgemeine Interesse am Handwerk muss ausgenutzt werden, um den Wandel voran zu treiben. Und jetzt ist der perfekte Zeitpunkt dafür.
Startup Zentrum — Handwerk
Die zwei großen Träger des Wandels sind Nachwuchs und Innovation. Und an keinem Ort werden diese zwei Dinge mehr vereint als in einem Gründerzentrum. Das Handwerk braucht diesen Wandel. Es braucht aber auch den Nachwuchs. Fachkräftemangel ist ein großes Problem in der deutschen Wirtschaft. Das Startup Center Handwerk würde neben der Beflügelung des Wandels auch das Ansehen des Handwerks verbessern und so indirekt gegen den Fachkräftemangel vorgehen.
Das Konzept des Gründungszentrums oder auch Startup Centers gibt es schon lange und ist heute vor allem in Deutschland weit verbreitet. Der Gedanke dabei ist es, Neugrün-dungen und JungunternehmerInnen mit innovativen Konzepten in der Gründungsphase zu unterstützen und somit die Überlebensrate dieser Unternehmen zu erhöhen. Weitere Gründe sind das Binden der Unternehmen an die Region, die Verhinderung des Abwanderns von Fachkräften, die Förderung des regionalen Strukturwandels, die Entwicklung von Netzwerken und Synergien zwischen den Unternehmen und damit ein erhöhter Wissenstransfer sowie das Schaffen von Arbeitsplätzen.
Gründerzentren sind in ihrer Ausrichtung entweder allgemein und unterstützen alle Branchen oder auf einen Bereich spezialisiert. So findet man vermehrt Startup Center mit einer Ausrichtung auf technische Bereiche wie Biotechnologie, Informationstech-nologie oder Fahrzeugtechnik. Aber auch für andere Bereiche, wie etwa die Kreativbranche, gibt es Zentren.
Ein Gründerzentrum für Handwerk soll nun die gleiche Funktion für eine neue Aus-richtung bieten. Über die letzten Jahre hat sich der Trend zur Individualität gezeigt. Für die Ökonomie bedeutet das, dass die Märkte ausdifferenzierter werden. Eine Vielfalt an Handwerkern, die individuelle Aufträge bearbeitet, liegt also genau im Trend. Um diesen Trend aufzugreifen, soll nun ein Gründerzentrum junge Handwerk-erInnen dabei unterstützen, ihr innovativen Ideen erfolgreich umzusetzen und auf dem Markt zu bestehen.
Der Standort Mannheim
Die Stadt Mannheim hat sich selbst den Titel Gründerstadt gegeben. Die Ansiedlung und Förderung von JungunternehmerInnen ist ein zentrales Ziel der Stadt. Für diesen Zweck betreibt die Stadt bereits sieben Gründungszentren in den Bereichen IT & Technologie, Musik, Kreativwirtschaft, Mode und frauengeführte Unternehmen. Das Erweitern dieses Portfolios würde die Stadt in ihrem Vorhaben, sich als Gründerstadt zu etablieren, weiter voranbringen.
Aber auch historisch gesehen ist Mannheim mit seinem Binnenhafen eine Arbeiterstadt. Das Stadtbild und das kulturelle Angebot sowie die Anwesenheit von mehreren Hoch-schulen/ Universitäten lassen davon heute nicht mehr viel erkennen. Der Hafen ist nach wie vor ein wichtiger Umschlagplatz für ganz Europa, doch das alte Hafenviertel, der »Jungbusch«, ist heute Szeneviertel und kein reines Arbeiterviertel mehr. Eine Rückbesinnung auf das historische Mannheim und eine Verbindung mit dem heutigen, modernen Mannheim bietet sich hier an. Ein neues Gründerzentrum würde nicht nur das Startup-Portfolio der Stadt um einen Bereich erweitern, den es aktuell noch nicht bedient, sondern auch, neben dem Barockschloss, einen weiteren Aspekt der Geschichte der Stadt aufarbeiten und für die Bevölkerung erfahrbar machen.
Auch Mannheims Lage in der Metropolregion und die Anbindung an weitere Städte wie Karlsruhe und Stuttgart machen die Stadt als Standort attraktiv und offen für Kooperationen aller Art. Selbst internationale Verbindungen sind begünstigt — die französischen, belgischen oder niederländische Grenzen sind nicht weit, und auch die Nähe zum Frankfurter Flughafen schließt Mannheim ans internationale Geschehen an.
Wer wird gefördert?
Primär richtet sich das Zentrum an Junge GründerInnen mit innovativen Konzepten im handwerklichen Bereich. Dabei soll ein besonderer Fokus auf Berufen liegen, die vom Aussterben bedroht sind. Das Angebot des Zentrums ist auf eine Förderung vor Ort ausgelegt und soll die GründerInnen dazu animieren, eines der angebotenen Ateliers zu mieten. So entsteht ein eng verflochtenes Netzwerk von HandwerkerInnen auf engstem Raum, das zu Kooperationen führen soll.
Aber auch klassische Handwerksbetriebe sollen von der Förderung profitieren können. Anstelle einer Vermietung der Ateliers »inhouse« ist dabei primär an eine Vermittlung von bereits existierenden Werkstätten zur Miete oder dem Herstellen von Kontakten zu Unternehmen vor dem Ruhestand zur Betriebsübernahme gedacht. Auf diese Weise können die über Jahre gebildeten Kontakte und Kundenstämme der etablierten Unternehmen den GründerInnen helfen, sich auf dem Markt zu behaupten.
Um den Entwicklungen in der Gesellschaft zu folgen, sollen auch Quereinsteiger ohne klassische Ausbildung gefördert werden. Neben den zu meisternden Herausforderungen, die dabei vor allem im Bereich der Zulassung liegen, soll der jeweilige individuelle Hintergrund gefördert werden und somit die Innovation im Handwerk vorangetrieben werden. Zusätzlich ist der Austausch mit den anderen Mietern ein Kernelement der Förderung, um das gegenseitige Lernen voran zu treiben und so die Horizonte zu erweitern.
Das Förderangebot an Beratungen, Kursen und Weiterbildungen steht allen GründerInnen im handwerklichen Bereich zur Verfügung. Ebenso sind alle GründerInnen Teil des entstehenden Netzwerkes und sollen über Neuigkeiten und erweiterte Angebote informiert sowie miteinander verknüpft werden.